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Der Riesen steppt, der Riesen tanzt

V wie Vielfalt: Lange Nacht der Volkshochschule

 

Tanz-Vorführungen sowie eine Ausstellung von Arbeiten der Mal- und Fotokurse standen im Riesen auf dem Programm. Fotos (2): prochnow

Tanz-Vorführungen sowie eine Ausstellung von Arbeiten der Mal- und Fotokurse standen im Riesen auf dem Programm. Fotos (2): prochnow

Der Riesen steppt, der Riesen tanzt. Der Riesen pflanzt und riecht. Zu später Stunde beherbergte die „Gud‘ Stubb’ der Einhardstadt die Vielfalt der Volkshochschule (Vhs).

Seligenstadt –  Selten ist es so einfach, so tief in das Kultur-, Bildungs- und Kreativ-Programm hineinzuschnuppern wie am Freitagabend. Und die interessierten Seligenstädter befinden sich in guter Gesellschaft. Der Verband der Volkshochschulen hat nämlich zur „Langen Nacht“ eingeladen. Bundesweit beteiligen sich rund 400 Einrichtungen. Unter dem Motto „zusammenhalten, zusammenleben“ wollen sie „Lust auf mehr“ machen. Es war die größte Publikumsaktion in der Geschichte der Erwachsenenbildung und bildet den Auftakt für ein Vhs-Semester, in dem die politische Bildung im Mittelpunkt steht.

Die ersten Kurs-Angebote gehen auf das Jahr 1919 zurück, in dem die Weimarer Verfassung eine große Gründungswelle der Schulen auslöste. Der Artikel 148 verankert das Volksbildungswesen und somit den Gedanken der Weiterbildung in der Verfassung. In Seligenstadt wird die Volkshochschule vom Kulturring getragen und erreicht jährlich fast 2 000 Kursteilnehmer, hörten die Gäste.

Wer im richtigen Moment das Foyer betritt, lernt gleich den Rhythmus der lebendigen Lehranstalt kennen. Cecilia Ataro beschreibt die Bewegungen für einen afrikanischen Trommeltanz – am einfachsten aber erscheint es, sich der Musik hinzugeben und die Hüften im Takt der Musik kreisen zu lassen. Das lockert die Atmosphäre in der Runde und verbreitet gute Laune, und nebenbei auch ein Stück der Sprache einer anderen Kultur.

So wirkt eben die Formel Vhs. Wie sich das Konzept buchstabiert, lässt sich in allen Räumen erkennen. „V“ wie Vielfalt demonstrieren im Laufe des Abends die Autoren bunter Gedichte, der Grammatiktest mit Maria Bruno, eine Form des Qi Gong, Pilates und Monika Höflings Wohlfühlmeditation. Und wer wollte im Parship-Zeitalter bezweifeln, „Verliebtheit ist (k)ein Zufall“? Mit „H“ beginnt die Hans-Memling-Schule, vielleicht bald ein Bildungs- und Kulturhaus. Oder eine mehrsprachige Grundschule, jedenfalls ein heißes Diskussionsthema. „S“ wie Schmuck entsteht ebenfalls in der Volkshochschule, und der Trend geht klar zu individuellen, selbst gefertigten Ringen und Reifen.

Dann dokumentiert das Programm, dass Menschen mit geistiger Behinderung großartige Stepptänzer sind, die fest in einer Formation integriert sind. Und dass sich hinter total netten Kursleiterinnen wie Lisa Grimm kundige Kräuterhexen verbergen: Was genau sich da in den dekorativen Gläsern mit dem Schild Kraftwein verbirgt, weiß auch die Verarbeiterin von heimischen Gewächsen nicht mehr so genau. Aber es wirkt! Ein jedes der sorglosen dreinschauenden Mädels auf dem Tisch gegenüber fesselt durch seine eigene Mimik. Sie sind aus Pappmaché entstanden, ganz anders als die eigenwilligen Perspektiven aus Berlin, Frankfurt und einigen Urlaubsorten, die auch Anfänger im Foto-Kurs gewonnen haben. Harmonie und Fantasie strahlen die Bilder im optischen Gleichgewicht aus. Das gilt auch für die gemalten Ansichten im Erdgeschoss. Die knallig-bunte Garten-Idylle auf der Staffelei wechselt sich mit strengen Porträts ab, Nachbars Katze und der Nikolaus.